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Der Ort

Die Jägerburg liegt in Ensfeld. Das war nicht immer so. Die Geschichte des Jägerlagers ist eng mit den Orten verbunden, an denen es seit 2003 stattfindet. Nicht zuletzt das Jagdhaus des Schlosses Obereggersberg über dem Altmühltal trug zur Namensgebung für Jägerburg und Jägerlager bei. In diesem Haus - oder besser gesagt: neben diesem Haus - fand das erste Jägerlager statt. Damals war das Jagdhaus in einem desolaten Zustand. Sein netter Eigentümer stellte es uns für die Erprobung unserer wilden Kurzkur mit Kindern dankenswerterweise zur Verfügung. Im Haus selbst konnten wir wohl kochen und essen. Schlafen war in den heruntergekommenen Zimmern der ehemaligen Pension jedoch nicht möglich. Also zelteten wir in dessen verwildertem Garten.

Im Jahr darauf fand das Jägerlager in der Edelweißhütte bei Hersbruck seine erste Heimat. Zwei Jahre  oder acht Jägerlager lang nutzen wir das Jugendhaus, das gleichfalls nicht im besten Zustand war. Uns störte das nicht. Eine Woche mit einem Rudel hyperaktiver Kinder macht ein Haus selten schöner und kaum wertvoller. Die einsame Lage im Wald sowie die freundlichen Leute in der Umgebung, nicht zu vergessen das wunderbare Hirtenmuseum in Hersbruck samt duldsamen Mitarbeitern machten die Edelweißhütte rasch zu einem liebgewonnenen Standort. Doch dann geschah etwas, das leider ein bisschen typisch ist für unsere Zeit: Das Haus wurde mit viel Geld aufgehübscht, luxussaniert, fortbildungsstättenmäßig verprächtigt und hygienebürokratisch auf bürgerliches Standardmaß gebracht, dass es sich fortan unbrauchbar schön zeigte. Die Glasfront des neuen Speisesaals gewährt einen verführerischen Ausblick auf die Natur, welcher Essen und Unterricht die Aufmerksamkeit raubt. Der parallel vermietete Zeltplatz lässt Gruppen zusammenkommen, die sich vielleicht nicht mögen, da die einen früher aufstehen, lauter sind, sich mehr bewegen und leichter streiten. Und während der langen Monate des Umbaus konnten wir ohnehin nicht bleiben.

Wir suchten eine neue Unterkunft und fanden diese vortrefflich. Die frühere Mühle in Oberkemmathen bei Dinkelsbühl hatte einen großen Aufenthaltsraum und erstmals ein separates Speisezimmer. Die Kammern im Obergeschoß waren eher kleine Schlafsäle, was die abendliche Beruhigung und Bettruhe nicht leichter machte, doch boten sie Raum für die umfangreichsten Jägerlager jemals mit 17 und 18 Kindern. Die Erschöpfung nach den Großveranstaltungen, die zudem - einmalig in der Geschichte des Jägerlagers - unmittelbar nacheinander stattfanden, hatte mehrere Gründe. Das denkmalgeschützte Haus zerfiel unter unseren Händen und Füßen, überall lud das grob behauene Naturholz bei ungestümen Bewegungen zu Splitter und Spreißeln ein, die billigen Jugendherbergsbetten brachen unter den (nicht programmgemäßen!) Turnübungen der Kinder zusammen. Aufgrund der zahlreichen Brackwasser ehemaliger Fischteiche wurden wir von Insekten aufgefressen. Gewaltig motorisierte Traktoren fuhren mit Hänger und Ladung in Rekordgeschwindigkeit durch den ansonsten recht ruhigen Weiler. Die Hobby-Vettels der südöstlichen Frankenhöhe waren auch weitaus unfreundlicher als die gemütlichen Öko-Landwirte im Nürnberger Hinterland. Fuhr der Mähdrescher bei nächtlicher Ernte auf die Mühle zu, erstrahlte diese in gleißend-weißem Scheinwerferlicht wie ein Mormonentempel - und seine Bewohner glaubten, E.T. würde von seinen Kumpels aus dem All abgeholt.

Für das letzte Jägerlager in 2006 flohen wir das historische Gemäuer und ließen uns in Ensfeld nieder. Das kleine Dörfchen, in dem den Kühen das Wahlrecht vorenthalten wird, da sie die menschlichen Bewohner zahlenmäßig dominieren, verfügt über ein ehemaliges Schulhaus, das zum Jugendhaus umgebaut wurde. Es gehört der Gemeinde Mörnsheim, ist jedoch dauerhaft an die Ingolstädter Pfadfinder vermietet und wird von diesen betrieben. Zwar haben feuerpolizeilich verfügte Umbauten auch hier zu einer spürbaren Charmereduktion geführt, doch ist und bleibt das Ensfelder Haus neben der stattlichen Dorfkirche die beste Jägerburg, die wir je hatten. Speisezimmer und Saal - der ehemalige Klassenraum der Dorfschule - verfügen über Holzöfen, welche der (w)ärmlichen, allerdings desto geräuschintensiveren Nachtspeicherheizung assistieren. Die Betten sind dreistöckige Eigenbauten, deren Stabilität sowohl von Handwerkssinn als auch Publikumsverständnis zeugt. Der Zugang zum Haus führt durch einen Flur, in dem ein großes Regal mehr als nur ein Paar Schuhe pro Kind aufnimmt. Und vor den Kammern des Lagerschuppens findet sich eine kleine Feuerstelle für Jägerlagerromantik mit Stockbrot.

Schließlich wartet Ensfeld mit einer Qualität auf, die es als Heimat der Jägerburg prädestiniert: Wohlmeinende Menschen. Nun sind die kleinen und großen Jäger keine Vandalenhorte, die auf dem Weg von Germaniens Nordosten nach Spanien durch den Fränkischen Jura wüten. Dennoch sind Teilnehmer wie Betreuer oft auf Erklärung, manchmal auf Nachsicht angewiesen, wenn die mühevolle Arbeit der Landwirte beispielsweise bei der Routenwahl weder verstanden noch gewürdigt wird. Daher soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, wie viel wir den Bewohnern Ensfelds verdanken, die für uns das Haus herrichten, den Bolzplatz mähen und den Kuhstall öffnen, die vom Getreideanbau berichten und uns das Melken lehren - mit der Maschine oder von der Hand in den Mund - In über einem Dutzend Jägerlagern hörten wir bislang kein unfreundliches Wort von den Nachbarn der Jägerburg. Ausgerechnet ein Jägersmann hat uns hingegen ein ums andere Mal schräg angeschaut und gelegentlich auch schroff vermahnt. Die Ensfelder aber versichern getreulich, dass er freilich nicht zum Dorf gehört.

Nun will ich schweigen von den Vorzügen Ensfelds, damit es bleibt, wie es ist - und was es für die Jägerburg bedeutet. Bist Du neugierig geworden, dann komm ins Jägerlager! Hermann Hesse, der selbst ein wildes Kind war, schuf einst im „Glasperlenspiel“, für welches er mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, ein kleines Gedicht. Jeder kennt diesen Vers aus den „Stufen“, einem der Texte des Josef Knecht: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Vielleicht ist also der Zauber von Ensfeld in Teilen auch ein Geheimnis, das immer neu mit Dir ins Jägerlager kommt. Mir jedenfalls geht es so. Tausend Stunden Jägerlager und tausend kleine Erinnerungen haben den Ort zu einer Geschichte werden lassen, die ich ein andermal erzählen möchte. Eines will ich allerdings verraten: In ihr tritt der eine Junge und das andere Mädchen auf, die einst kamen, um für ein paar Tage eine neue Gemeinschaft zu proben. Manchmal ist das nur an einem unbekannten, einem besonderen Ort möglich, wie Hesse es aus Erfahrung schrieb: „der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“.

Februar 2011, Johannes Streif